„Immer wenn jemand was über Einhörner schreibt, fühlt sich bestimmt irgendwo ein Pferd hässlich und fett.“ - leider ist der Satz nicht von mir.
Von mir ist der Satz: „Immer wenn ich so richtig glücklich bin oder stolz auf etwas Erreichtes, dann kommt der Gedanke: „Vorsicht, freu dich nicht zu sehr, sonst... (es folgt irgendeine ungünstige Vor-Annahme).“
Was die beiden Aussagen gemeinsam haben ist, dass sie Dinge miteinander verknüpfen, die inhaltlich und objektiv eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben.
Ein Einhorn ist ein Einhorn, und ein Pferd ist ein Pferd, und dass das Pferd sich schlecht fühlt, dafür kann das Einhorn nichts und auch nicht derjenige, der darüber geschrieben hat. Das passiert einzig und allein im Kopf des Pferdes.
Dass auf Glück oder Erfolge zwangsläufig, sozusagen als ausgleichende Gerechtigkeit, etwas Schlechtes folgt, ist auch Unsinn. Den Zusammenhang gibt es nur in meinen Gedanken.
Glücklicherweise habe ich dieses Denken inzwischen überwunden. Es hat mich aber um eine Menge schöner Momente gebracht, bis ich ihm auf die Schliche gekommen bin.
Wenn jetzt „alles wunderbar“ ist, rührt sich zwar der alte Mechanismus noch in seiner Ecke, aber dann gucken wir zwei uns einmal tief in die Augen, und wir wissen Bescheid. Was für ein Gewinn!

"Immer wenn"-Sätze
Bei „Immer wenn“-Sätzen lohnt es sich, genauer hinzuschauen – jedenfalls wenn sie schlecht enden.
„Immer wenn ich präsentieren muss, fühle ich mich ausgeliefert und nicht wertgeschätzt.“
„Immer wenn ich ein Vorsingen habe, stehe ich völlig neben mir.“
„Immer wenn ich mir vornehme, eine Bewerbung abzuschicken, verschiebe ich es auf morgen.“
Aber was kannst Du dagegen tun?
1. Das Wort "immer"
Du kannst Dich mit dem Wörtchen „immer“ beschäftigen.
Laut Duden hat es verschiedene Bedeutungen. In diesem Zusammenhang geht es um die Bedeutung „jedes Mal“. Es gibt u.a. auch die Bedeutung „häufig“. Wenn Du das ersatzweise in die Sätze oben eingibst (oder Deine eigenen), bringt das schon ein bisschen Erleichterung – es gibt Dir zumindest die Hoffnung auf eine Ausnahme von der gruseligen Regel. Du kannst Dir überlegen, was dazu geführt hat, dass es in einigen Fällen doch gut gegangen ist und versuchen, das zu wiederholen.
2. Seit wann ist "immer"?
Du solltest schleunigst versuchen herauszufinden, seit wann es dieses „immer“ gibt. Es gab nämlich ein Leben davor!
Seit wann ist das so, dass Du in bestimmten Situationen auf diese Weise reagierst?
Im Coaching begeben wir uns auf eine Reise entlang Deiner Timeline, Deiner Lebenslinie. Wir schauen uns der Reihe nach an, welche vergleichbaren Situationen es in Deiner Vergangenheit gab und gehen so weit zurück, bis Du die erste, auslösende gefunden hast. Wir überlegen, was Dein jüngeres Ich in der Situation gebraucht hätte, damit es sich besser gefühlt und sie anders verarbeitet hätte. Einige Wingwave-Interventionen helfen Dir, die Blockade in kurzer Zeit zu lösen.
Hätte, hätte, Fahrradkette? Keineswegs!
„Das Gute an der Vergangenheit ist, dass du sie jederzeit verändern kannst.“ Das ist ein sehr mächtiger Satz.
Natürlich kann nichts ungeschehen gemacht werden, aber unsere Einstellung und unsere Gefühle heute zu dem, was irgendwann einmal passiert ist, können wir verändern. Und wenn sie uns einschränken, dann ist es lohnenswert, es zu versuchen.
Die Geschichte von Flocke
Nehmen wir nochmal das Beispiel mit dem Pferd und seinem Einhorn-Problem.
Das Pferd – nennen wir es Flocke – trabt auf seiner Timeline zurück und erinnert sich an ein Erlebnis in ihrer Kindheit. Als Flocke sechs Jahre alt war, kam ihre Lieblingstante zu Besuch. Sie hatte sich extra lange gebürstet, die Hufe poliert und ein Kunststück einstudiert, um der Tante eine Freude zu machen. Aber als die den Stall betritt, stürmt plötzlich ihre jüngere Schwester mit einer albernen goldenen Locken-Perücke und einem rosa Glitzer-Horn zwischen den Ohren um die Ecke.
Die Tante galoppiert begeistert wiehernd auf die verkleidete Schwester zu und lässt Flocke links liegen. Gebürstetes Fell und Kunststück hin oder her – die Schwester steht im Mittelpunkt, Klein-Flocke ist abgemeldet. Sie muss das Geschehen irgendwie einordnen, um es zu verstehen. Sie blickt an sich herunter und es wird ihr klar: Es muss daran liegen, dass sie dick und hässlich ist.
Die erwachsene Flocke überlegt nun, was ihr damals geholfen hätte: Wenn sie sich z.B. getraut hätte, sich bemerkbar zu machen. Oder ihr jemand beigestanden hätte. Oder der Gedanke, dass sie selbst auch ganz ohne Einhorn-Kostümierung umwerfend aussah und schließlich dieses einzigartige Kunststück drauf hatte. Dass sie gut so war, wie sie war – nur dass das einfach dumm gelaufen ist, und eine Sechsjährige allen Grund hatte, traurig und enttäuscht zu sein.
Dann sucht sie nach Situationen im Laufe ihres weiteren Lebens, in denen sie diese Dinge (Beistand, Zuspruch, Verständnis, eine tröstende Umarmung, Selbstvertrauen...) erlebt hat. Die entsprechenden Ressourcen werden auf das Kindheits-Ich übertragen und die Situation in der Vorstellung so gestärkt noch einmal erfahren.
Anschließend werden auch Gegenwart und Zukunft solchermaßen gerüstet gedanklich durchlebt.
Das Ergebnis ist äußerst befreiend.
Der „immer wenn“-Mechanismus wird aufgeweicht. Du gewinnst Handlungs- und Reaktionsspielraum zurück. Außer im Zusammenhang mit den Naturgesetzen ist „immer“ nämlich fast immer falsch. Es manifestiert Verhaltens- und Denkweisen, über die Du eigentlich längst hinausgewachsen bist.
Wenn Flocke heute etwas über Einhörner liest, denkt sie „Das Einhorn kann mich mal!“ und macht ihr Kunststück.
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